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Tripura

Nachdem Karttikeya Taraka vernichtet hatte, zogen alle Dämonen in die Unterwelt (Triloka). Doch Taraka hatte drei Söhne, Tarakaksha, Kamalaksha, Vidyumali. Sie eiferten ihrem Vater nach, wollten mächtige Wesen sein. Um die gewünschten Kräfte zu erlangen, begaben sie sich in eine tausend Jahre dauernde Askese, im Gebet an Brahma versunken. Dieser erschien und gewährte ihnen eine Gunst.

Vidyumali sprach zuerst: ‚Wir möchten die mächtigsten Wesen sein, die du je erschaffen hast.‘

‚Das ist einfach.‘ Brahma erhob seine Hände und Vidyumali spürte eine gewaltige Energie in sich einfließen, spielte mit seinen Muskeln. Als er sich zu seinen Brüdern umsah, sah er, dass sie ebenso stark geworden waren.

Die drei verneigten sich vor Brahma und dankten ihm. Brahma war so beeindruckt von der Askese, dass er ihnen eine weitere Gunst gewähren wollte.

Tarakaksha bat: ‚Wir möchten uns erst untereinander verständigen und gemeinsam über die Gunst entscheiden.‘ Brahma wartete, während die drei die Köpfe zusammenhielten, um zu entscheiden, was sie wünschen sollten.

Tarakaksha: ‚Wir können nicht um Unsterblichkeit bitten. Brahma steht auf dem Standpunkt, was geboren wurde, muss sterben. Wir müssen um etwas anderes bitten.‘

Kamalaksha: ‚Wir haben lange genug in den unteren Welten zugebracht. Wir sollten dieselben Rechte haben, wie die Götter, uns in allen drei Welten bewegen zu dürfen.‘

Vidyumali: ‚Wir müssen um Unbesiegbarkeit bitten.‘

Tarakaksha dachte über das Gesagte nach: ‚Alles was ihr angeführt habt ist wichtig. Ich weiß, wie wir es erreichen.‘

Vidyumali und Kamalaksha sahen wie Tarakaksha sich, augenzwinkernd, an Brahma wandte: ‚Wir haben uns entschieden. Wir wünschen drei Festungen, stark und uneinnehmbar. Die erste Festung soll auf Erden sein und aus Eisen bestehen. Die zweite Festung soll im Raum schweben und aus Silber bestehen. Die dritte Festung soll im Himmel schweben und aus Gold bestehen.‘

Brahma nickte, verwirrt von diesen seltsamen Wünschen. Doch Tarakaksha war noch nicht am Ende: ‚Die Festungen müssen voneinander getrennt sein und nur selten zusammenkommen. Nur einen Pfeil darf es geben, der sie alle drei, und damit uns, zerstören kann.‘

Als Tarakaksha geendet hatte war er über seine Argumentation sehr stolz und sah zu seinen Brüdern, die ihm ebenfalls zunickten. Ja, er hatte die richtige Gunst erdacht und sie gut formuliert. Brahma war allerdings mehr als durcheinander. Was war der Grund für solch eine komplizierte Gunst? Doch hatte er ihnen eine Gunst gewährt, nun konnte er nicht nein sagen.

Brahma rief Mayasura, nichts gab es, was er nicht erbauen konnte, und erklärte ihm, was zu tun war.

Mayasura nahm diese Herausforderung mit Begeisterung an. Drei Festungen, zwei davon fliegend. Er erbaute die Festungen und übergab sie den Dämonen.

Tarakaksha bekam die goldene Festung, Kamalaksha die silberne, Vidyumali die eiserne. Die Brüder wussten, dass sie sich nun für lange Zeit nicht mehr sehen würden, da die Festungen nur selten zusammenkamen. Sie nahmen voneinander Abschied und jeder bezog seine Festung. Sie regierten ihr Reich gut, lebten friedlich und froh. Von überall her kamen Dämonen, um ebenfalls in diesen drei Festungen zu leben. Sie wurden das Reich das Dämonen.

Die Götter allerdings wurden neidisch auf das Wohlergehen der Dämonen. Immer wieder versuchten sie, Tripura zu zerstören. Ohne Erfolg. Sie wussten auch, dass sie gegen die Dämonen nichts in der Hand hatten, solange sie sich friedlich verhielten. Es blieb ihnen nichts anderes übrig, als zu warten, bis sie ihr wahres Wesen zeigen würden.

Und so geschah es. Trunken von ihrer Macht und der Sicherheit, unbesiegbar zu sein, brachten sie Aufruhr ins Universum. Sie vergaßen den Pfad der Tugend, vergaßen Shiva und griffen Götter und Weise an.

Es kam zum Krieg zwischen Göttern und Dämonen, es wurde ein furchtbarer Krieg, die Erde kam aus dem Gleichgewicht. Die Götter beteten zu Vishnu. Er kam in Gestalt eines Bullen und brachte sie mit seinen Hörnern wieder in die richtige Stellung. Die Götter konnten die Dämonen und ihre drei Festungen nicht zerstören. Sie baten Brahma um Rat. Brahma erzählte von der Gunst, die er gewährt hatte und wie die Festungen zu zerstören seien.

‚Mit einem einzigen Pfeil …?‘ Indra schaute Brahma ungläubig an, wie konnte er solch eine Gunst gewähren. Agni musste sich setzen. Er erinnerte sich an die letzte Schlacht gegen die Dämonen. Die Götter wurden nicht nur besiegt, sie wurden demoralisiert.

Brahma war es peinlich, dass seine Gunst nun solch ein Desaster verursachte: ‚Die drei Festungen werden bald zusammenkommen.‘

Indra unterbrach Brahma: ‚Ein einziger Pfeil? Wer von uns kann die Festungen mit einem einzigen Pfeil vernichten? Aus welchem Material müsste solch ein Pfeil gefertigt sein?‘

Varuna schlug die Hände vor sein Gesicht: ‚Es ist unmöglich.‘

Doch Brahma blieb ruhig: ‚Unterbrecht mich nicht immer. Es gib jemanden, der es tun kann. Shiva. Shiva kann die drei Festungen mit einem Pfeil vernichten.‘

Kaum hatte Brahma diese Worte ausgesprochen eilten die Götter zu Shiva.

‚Indra fiel ihm zu Füßen: ‚Bitte hilf uns, du bist der Einzige, der uns retten kann.

‚Was ist denn los, Indra?‘

‚Tarakaksha, Kamalaksha, Vidyumali … du musst uns vor ihnen beschützen.‘

Shiva schaute ärgerlich auf die Götter: ‚Ihr seid eifersüchtig auf sie, nicht wahr?‘

Die Götter schämten sich, ja, Shiva hatte recht. ‚Ihr habt stets gebetet, dass jemand Tripura vernichte, nicht wahr? Das habt Ihr nun davon.‘

Indra wollte einlenken: ‚Ja, wir haben Fehler gemacht. Strafe uns nicht, sondern rette uns. Wir sind ohne dich verloren.‘

Shiva hatte dein Eindruck, sie hatten ihre Lektion gelernt: ‚Ich werde es tun.‘ Überrascht und erleichtert waren die Götter nun, hatten sie doch mit weiteren Vorhaltungen gerechnet. Sie bedanken sich und Indra verneigte sich vor Shiva.

Shiva verlangte: ‚Bereitet alles für einen Kampf vor. Bereitet Wagen und Waffen vor.‘

Agni fragte: ‚Was möchtest du genau?‘

‚Die Erde sei mein Wagen, Brahma mein Wagenlenker.‘ Auf Chandra und Surya zeigend: ‚Ihr seid die Räder des Wagens.‘ Shiva wandte sich an die anderen Götter: ‚Der Berg Meru sei mein Bogen, bittet Vasuki, die Sehne zu sein und fragt Vishnu, ob er bereit ist, mein Pfeil zu sein.‘

Die Götter waren mit allem einverstanden, erkannten sie doch, dass es nicht einfach werden würde, Tripura zu vernichten. Da gab es viel zu tun.

Es brauchte keine Überredungskunst, Brahma war bereit, der Wagenlenker zu sein. Vishnu hatte einen strahlenden Bogen, den er ihnen übergab. Die Götter brachten den Bogen zu Shiva. Agni und Vayu hatten aus dem Berg Meru einen Bogen gemacht und brachten diesen herbei.

Agni meinte: ‚Ich verstehe nicht, warum Brahma meint, dass Shiva der Einzige sei, der die drei Festungen vernichten könne. Mit diesem Bogen und diesem Pfeil kann ich das auch. Das ist keine große Sache.‘

Auch die anderen Götter gaben ihre Meinung ab, da legte Indra nach: ‚Ohne unsere Hilfe gelingt Shiva das nie!‘

Vayu vollendete: ‚So kann man sagen, wir, nicht Shiva, vernichten Tripura.‘

‚Seid still, er kommt.‘

Indra übergab ihm die Waffen. Shiva informierte sie: ‚Morgen werden die drei Festungen zusammenkommen. Ich erledige alles.‘

Die Götter schluckten Ihren Ärger hinunter. Sie hatten all die Arbeit getan und Shiva nahm für sich in Anspruch, Tripura vernichtet zu haben. Shiva sagte nichts.

Am nächsten Morgen standen die Festungen zusammen. Shiva bestieg den Wagen, als die Achse brach. Die Götter erschraken, wie konnte so etwas geschehen? Da fiel Shiva ein, dass er vergessen hatte, den Segen Ganeshas einzuholen, bevor er sein Werk begann. Nachdem Shiva zu Ganesha gebetet hatte, fuhr der Wagen davon.

Die drei Festungen standen in Reih und Glied, die Götter waren stolz, wie gut sie alles vorbereitet hatten, so dass Shiva es leicht hatte. Da verließ er seinen Wagen. Die Götter erschraken, was hatte er vor? Shiva sah die drei Festungen an und sie verbrannten. Sein Lächeln hatte sie vernichtet, nicht die Kriegsmaschinerie der Götter.

Wieder waren die Götter beschämt, wieder waren sie stolz auf sich gewesen und hatten die Macht Shivas nicht wahrhaben wollen. Sie sahen auf das brennende Tripura und ihre nutzlos auf dem Boden liegenden Waffen.

Brahma bat im Namen der Götter: ‚Shiva, bitte tu das nicht. Ja, sie waren stolz und haben deine Macht nicht erkannt, doch bitte tu das nicht …‘

Shiva stand unbewegt. Brahma fuhr fort: ‚Wenn du die Waffen der Götter nicht nutzt, werden sie stets verachtet werden. Bitte Shiva …‘ bettelte Brahma ergeben.

Shiva lenkte ein, bestieg den Wagen, spannte den Bogen, den sie aus dem Berg Meru gefertigt hatten, und schoss mit dem Pfeil Vishnus auf das brennende Tripura. Mit der Zerstörung von Tripura zerstörte er auch das Ego der Götter.

Die Götter verneigten sich demütig vor Tripurantaka, dem Vernichter der drei Städte.

 

 

Aus dem Englischen mit freundlicher Genehmigung von S. A. Krishnan.